Unseren dritten Tag auf Korsika verbrachten wir nach unserer ohnehin schon langen Anreise wieder auf der Straße, allerdings ganz freiwillig, denn wir wollten die Insel, oder zumindest einen Teil davon, erkunden und starteten deswegen relativ früh morgens, kurz nach neun, um möglichst viel zu sehen. Ich orientierte mich bei der Planung der Tour an unserem Reiseführer von MARCO POLO*, in dem mehrere Routen empfohlen werden und auch genannt wird, wie viel Zeit man sich dafür nehmen sollte. Herausgesucht hatte ich einen Teil der Perfekten Route, für die man sich laut Reiseführer 2-3 Tage Zeit nehmen sollte. Da ich aber nur ca. ein Drittel der Strecke eingeplant hatte, dachte ich, schaffen wir diese dann sicher locker an einem Tag…Nun ja…
Wenn ich eines auf Korsika gelernt habe, dann die Tatsache, dass Strecken auf der Karte, einem nicht so weit und lang vorkommen, wie in Wirklichkeit. Man kann sich wirklich leicht verkalkulieren und unterschätzt die bergigen Straßen und Serpentinen enorm. Ich dachte, wenn wir auf Mallorca schon öfters durch die Berge gefahren sind, wird das auf Korsika wohl auch kein Problem. Aber letzteres ist eben doch nochmal einen Tick größer und auch das Gebirge, welches sich über den gesamten mittleren Teil der Insel von Nord nach Süd zieht, höher und imposanter. Der Monte Cinto erreicht mit seiner Höhe von 2706 Metern sogar alpines Niveau. Und wusstet ihr, dass man auf Korsika im Winter sogar Ski fahren kann und die Berge teilweise noch bis in den Juni schneebedeckt sind, während man im Meer schon baden kann?
Lasst euch also auf keinen Fall von der Länge (183 Kilometer) und Breite (90 Kilometer) der Insel täuschen. Sie kommt einem zuerst nicht so groß vor, das ist sie aber. Und sie hat enorm viel zu bieten. Sämtliche Klimazonen vereinen sich hier auf engstem Raum. Auf der einen Seite im Osten kilometerlange, sanft ins Meer abfallende Strände, auf der Westseite stark zerklüftete und oft steil abfallende Felsküsten. In der Mitte Gebirge, Flüsse, Täler und tiefe Schluchten. Ein Paradies für Wanderer. Und mit dem Auto erkundet oft eine kleine Herausforderung.
Als wir unsere Tour zu unserem ersten Haltepunkt in Corte starteten, wussten wir noch nicht, was uns an diesem Tag alles erwarten wird. Der Liebste hatte mich schon im Vorfeld „gewarnt“, ich solle doch bitte keine Strecke durch die Berge planen, weil er insgeheim doch ein wenig Angst um unser Auto hatte…Aber das ließ sich leider nicht vermeiden und irgendwie mussten wir ja auf die andere Seite der Insel in den Westen kommen. Bis nach Corte waren die Straßen auch noch gut befahrbar, lediglich ein paar Kurven schlängelten sich immer weiter ins Landesinnere hinein. Dort angekommen machten wir unsere erste Pause, genossen den Ausblick auf die beginnenden Gebirgslandschaft und meine zwei Männer erkundeten schon mal den Anfang eines Wanderwegs. Gerne hätten wir noch die Zitadelle besucht, fanden sie aber zuerst nicht und bemerkten erst auf dem Weg aus der Stadt heraus, als wir schon die Bergstraße über ihr entlang fuhren, dass sie sich inmitten dieser befand. Umdrehen wollten wir dann aber auch nicht mehr, weil Mika-Flynn sich gerade damit arrangiert hatte, sich wieder ins Auto setzen zu müssen…
Als nächstes, und davor hatten wir schon ein wenig Respekt, wollten wir die Scala di Santa Regina (die „Treppe der heiligen Königin“) entlang fahren, die das Landesinnere mit der Westküste verbindet. Diese spektakuläre Straße wird im Reiseführer als Abenteuer beschrieben, da sie sich durch wild zerkluftete Schluchten windet und eng an Felsnasen vorbei führt. Unter einem fließt der Golo, auf der anderen Seite ragen rotgraue Granitspitzen auf die Straße. Im Nachhinein betrachtet, war es teilweise wirklich sehr eng und besonders in den Kurven rutscht einem manchmal das Herz in die Hose. Dadurch, dass aber so gut wie nur Touristen unterwegs waren und wohl jeder etwas Angst um sich und sein Auto hatte, fuhren auch alle ziemlich vorsichtig und langsam, sodass man so gut wie keine Gefahr befürchten musste. Immer mal wieder hielten wir in kleinen Parkbuchten an und bestaunten den grandiosen Blick auf die Felsen und Schluchten, die sich fotografisch leider gar nicht so imposant darstellen lassen, wie sie in Wirklichkeit auf uns wirkten.
Nachdem wir die Scala di Santa Regina hinter uns gelassen hatten, ging es mit den Serpentinen und Kurven aber trotzdem weiter und sollte sich noch bis Calvi, das wir abends erreichten, so fortführen…
Unser nächster Stopp war aber erst einmal der Bergsee Lac de Calacuccia, an dem wir eine weitere Pause einlegten und uns im kühlen Wasser mit den Füßen erfrischten. Mika-Flynn wäre am liebsten komplett hinein gehüpft, aber es badete weit und breit niemand, was uns darauf schließen ließ, dass es wohl kein Badesee ist. Er konnte sowieso nicht ganz verstehen, warum wir die ganze Zeit im Auto durch die Gegend fuhren, anstatt am Strand zu spielen und fragte ständig: „Strand gehen? Meer baden?“ Wir konnten ihn nur damit vertrösten, dass es sicher nicht mehr lange dauert, bis wir die Westküste und damit sicher auch das Meer erreichen werden…
Trotzdem war er wirklich sehr lieb und hielt erstaunlicherweise gut durch. Er machte öfter die Augen zu, knusperte Kekse und unterhielt uns mit seinen Erzählungen. Ab und zu wurde er zwar ungeduldig, ließ sich aber meistens schnell wieder von uns beruhigen, indem wir ihm versprachen, dass wir dafür morgen den ganzen Tag am Strand verbringen werden.
Bis nach Porto, unserem nächsten Stopp, zog sich die bergige Landschaft wirklich sehr und kam mir fast unendlich vor. Immer mehr machte mir das ständige durch die Kurven fahren, das Auf und Ab, zu schaffen, mir wurde leicht übel und ich bekam Kopfschmerzen.
Trotzdem war die Landschaft wirklich atemberaubend und beeindruckend vielfältig. Von den steinigen Felsen ging es irgendwann über in eine kurvige Waldlandschaft, den Forêt de Valdu Niellu und den Forêt d’Aitone. Immer noch hoch oben in den Bergen. Überall waren Parkplätze für Wanderer, die man dort wirklich an jeder Ecke mit ihren Wanderstiefeln und großen Rucksäcken sah. Für mich wäre das in der Hitze ja nichts gewesen (schwanger ja sowieso nicht) und mit einem Kleinkind ist es wohl auch nicht ganz einfach. Aber ich könnte mir so etwas durchaus mal im Frühling vorstellen, denn nur zu Fuß kommt man auf Korsika zu vielen verborgenen Sehenswürdigkeiten, die mit dem Auto unzugänglich sind. Aus diesem Grund mussten wir auch einige Punkte streichen, die im Reiseführer empfohlen wurden und die mich auf jeden Fall interessiert hätten. Sie waren für uns einfach nicht oder nur sehr schwierig zu erreichen und wir hatten nicht die richtige Ausrüstung dabei.
Man sieht auch überall Campingplätze und Rastmöglichkeiten für Urlauber, die dort richtigen Wanderurlaub machen und von einem Wanderweg zum nächsten pilgern. Einige auch nur mit Zelt und Rucksack unterwegs. Auch Trampen gehört dort scheinbar dazu und ist für viele normal.
Das Zelten ansich wäre wohl nichts für mich, wobei ich die Leute bewundere und es toll finde, so abenteuerlustig zu sein. Viel von der Insel sieht man so in jedem Fall. Und kann sich bei solch einer Route, wie wir sie an einem Tag gefahren sind, viel Zeit lassen, weil man abends nicht wieder zu Hause sein muss.
Irgendwann nach schier endloser Fahrt, bei der uns freilaufende Ziegen, Rinder und sogar Schweine auf der Straße entgegen kamen (scheint dort das normalste der Welt zu sein, man sollte nur auf sein Auto aufpassen…), kamen wir dann doch noch an der Küste, vielmehr in Porto an. Es liegt umrahmt von Felsen und Bergen, hat einen Kieselstrand, der in einer Bucht liegt und soll besonders abends, wenn die Sonne untergeht, wunderschön sein. Davon konnten wir uns aber leider selbst kein Bild machen, da wir es gegen 15 Uhr erreichten.
Von Porto aus führen Richtung Süden weitere Serpentinen nach Piana, vorbei an einer weiteren Sehenswürdigkeit, den Calanches de Piana, rotes, wildes und verwittertes Porphyrgestein, das bizarre Formationen bildet.
Piana selbst liegt hinter den roten Felsen der Calanches und ist ein hübsches Dorf mit Geschäften und Lokalen. Dort vertraten wir uns kurz die Beine und stärkten uns mit einer Kleinigkeit, bevor die Fahrt weiter gehen sollte.
Der Ausblick auf Porto war wirklich traumhaft!
Die anstrengendste und nervigste Strecke stand uns nun aber noch bevor. Wir hatten keine Lust mehr auf Serpentinen, Kurven und endlose Straßen, leider führten aber nur die zu unserem nächsten Ziel nach Calvi. Ich konnte nicht mehr sitzen, wir waren müde und unmotiviert und spielten schon mit dem Gedanken, ob wir nicht doch tatsächlich irgendwo übernachten sollten, damit wir nicht abends bzw. nachts noch ganz zurück nach Ghisonaccia fahren mussten…Was hatte ich mir beim Erstellen der Route nur gedacht? Aber wer konnte das auch ahnen…
Gegen 19 Uhr erreichten wir letztendlich Calvi, die Geburtsstadt des Christoph Kolumbus, wie sie gerne genannt wird. Das ist zwar nicht bewiesen, aber da die Festungsstadt zur Zeit der Geburt des großen Seefahrers unter genuesischer Herrschaft stand, durchaus möglich.
Über Calvi ragt am südlichen Ende der Bucht die schöne Zitadelle, deren helle Mauern aus Granit über dem Blau des Meeres leuchten.
Calvi selbst besitzt hübsche Flaniergässchen, eine viel besuchte Hafenpromenade und viele Restaurants, die zum Verweilen einladen. Dort kehrten wir auch in einem ein und stärkten uns nach diesem anstrengenden Tag mit Pasta, Pizza und Crème brûlée. Mika-Flynn war so lieb und brachte uns und die Kellner selbst jetzt noch zum Lachen. Dabei waren wir alle nur müde und kaputt, trotz der vielen tollen Eindrücke, die wir bisher gesehen hatten.
Nachdem wir mit dem Essen fertig waren, schlenderten wir in der untergehenden Sonne langsam zum Auto zurück und machten uns bereit für die fast noch drei Stunden dauernde Reise zurück ins Feriendorf.
Gerne hätten wir uns noch die Stadt Île Rousse angeschaut, die wir allerdings erst im Dunkeln durchfuhren und auch zu müde dafür waren, nochmal anzuhalten. Ebenso hätten uns Occi (ein verlassenes Bergdorf, zu dem man allerdings eine halbe Stunde hätte hinauf steigen müssen), Sant Antonio (ebenfalls ein kleines Dorf, das auf einem Gebirgskamm liegt) und Castifao (im Ort steht eine Klosterruine, die zu einem Friedhof umfunktioniert wurde) gereizt. Für all das reichte aber die Zeit nicht mehr und noch einmal wollten wir die lange Strecke nicht mehr auf uns nehmen, sondern stattdessen lieber andere Teile der Insel erkunden. Sie sind laut Reiseführer aber wohl sehr zu empfehlen und wir werden ihnen beim nächsten Mal auf Korsika definitiv einen Besuch abstatten.
Merkt euch also, falls ihr auf Korsika seid und ebenfalls die Insel erkunden wollt, dass ihr die Strecken und vor Allem Straßen nicht unterschätzen solltet. Plant wirklich genug und lieber ein bisschen zu viel Zeit ein, sonst endet die Tour schnell in Hetze, weil man doch so gerne noch dies und das anschauen würde, es aber vermutlich nicht mehr schaffen wird. Nehmt genug Proviant und viel zu trinken mit, besonders in den Bergen findet man nicht immer Einkaufsmöglichkeiten. Und tankt das Auto gut auf.
Es war ein wirklich wunderschöner, aber doch auch sehr anstrengender Tag für uns alle. Wir haben viel von der Insel gesehen und kamen oft aus dem Staunen nicht mehr heraus. Aber als wir nachts, um kurz nach 24 Uhr endlich zurück waren, fielen wir einfach nur totmüde und k.o. ins Bett und freuten uns, am nächsten Morgen ausschlafen zu können und einfach nur faul am Strand zu liegen. 😀
Ich hoffe, euch hat dieser sehr umfangreiche Bericht gefallen. In den nächsten Tagen werde ich euch noch unsere liebsten Strände vorstellen und Eindrücke weiterer schöner Städte zeigen, die wir besucht haben. Einen Road Trip, wie an Tag 3 haben wir aber nicht mehr gemacht, sondern uns dabei wirklich Zeit gelassen.
7 Comments
Ich habe nun auch Lust auf Korsika
Schöne Bilder.
Korsika wäre auch mal ein Reiseziel für uns.
Dankeschön 🙂
Es ist wirklich wunderschön dort.
Wunderschöne Bilder und ein ganz toller Bericht! Man sieht und liest, wie viele Mühe du dir gemacht hast und: man bekommt so richtig Lust auf Korsika 🙂
Herzliche Grüße, Frauke von
ekulele
Vielen Dank, du Liebe! Das freut mich. 🙂
Toller Bericht, habe ich schon mein akutes Fernweh erwähnt?! Zum Glück geht es für uns Ende August nochmal ans Meer.
Super wir toll Mika Flynn das alles mitmacht.
Viel sehen und erkunden gehört für uns auch zum Urlaub dazu, ohne Mietwagen geht quasi gar nicht 😉
http://www.kamerakind.blogspot.de
Dankeschön 🙂 Ja, ich könnte auch schon wieder los…