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Personal: Eltern sein, Paar bleiben – Die Beziehung auch mit Kindern pflegen

24. August 2017

Zeit zu Zweit – was genau war das noch? Diese Frage stellte ich mir in den vergangenen Monaten immer wieder das ein oder andere mal. Knapp bemessen, ein rares Gut und etwas, das oftmals zu kurz kommt, sobald man Kinder hat. Das Abenteuer Eltern werden ist wunderschön und aufregend, der Gedanke, mit dem Menschen an seiner Seite, den man liebt, eine Familie zu gründen verursacht Bauchkribbeln und Herzflattern. Und seinen Partner in seiner Rolle als Papa oder Mama zu sehen, eine wieder ganz andere Seite an ihm kennen und lieben zu lernen, ist unbeschreiblich.

Sobald sich aber langsam der Alltag eingeschlichen hat, man angekommen ist im Eltern sein, in Routinen, dem täglichen Trubel und bunten Chaos, sollte man dennoch nicht vergessen, dass man auch noch etwas anderes war und ist, nämlich ein Paar.

Manchmal geht es unter, gerade, wenn die Kinder noch klein sind und quasi rund um die Uhr die volle Aufmerksamkeit der Eltern brauchen und wollen. Der Alltag ist anstrengend, laut, stressig. Jeder für sich geht seinen Aufgaben und Arbeiten nach. Und abends, wenn die Kinder dann endlich, endlich im Bett sind, nach langen Einschlafkämpfen, oft nicht vor 22 Uhr, manchmal auch später, wünscht man sich nur noch eines: Ab auf’s Sofa, Beine hoch, wenigstens noch etwas Ruhe, bevor man vor Müdigkeit selbst einschläft. Sich berieseln lassen, höchstens noch vom Fernseher, aber für Worte oder gar Gespräche keine Muse mehr finden, geschweige denn die Energie dafür haben. Wieso man das nicht beim Abendessen macht? Sich unterhalten? Weil einen die Kinder da sowieso nicht ausreden lassen („Papa, ich hab Durst!“, „Mama, ich mag aber keine Kartoffeln, machst du mir Nudeln?“) und man nach dem fünften Mal keine Lust mehr hat, einen nicht beendeten Satz noch einmal von vorne zu beginnen. Dann lieber warten, bis die Kinder schlafen und keiner mehr dazwischen plappert wie ein kleiner Wasserfall…So die Theorie. Klar, dass man in der Zwischenzeit meistens sowieso vergessen hat, was man erzählen oder loswerden wollte.

Wie schafft man es trotzdem, neben dem Eltern sein, ein Paar zu bleiben? Auch in anstrengenden Phasen, in denen die Kinder einen so sehr einfordern? Wenn sie noch so klein sind, dass es sie reichlich wenig interessiert, dass Papa und Mama nicht nur ihnen Aufmerksamkeit schenken sollten, sondern auch sich selbst, als Paar. Nicht nur nebeneinander her zu leben? Neben den Kindern auch noch sich selbst zu sehen.

Ja, ich muss gestehen, auch ich hatte schon Momente, in denen ich Yannick als Partner vermisst habe. In stressigen Zeiten, in denen einfach der Alltag dominierte. Man vor sich hin trottete und einfach nur funktionierte. Für seine Kinder, ihre Bedürfnisse, aber dabei kaum an sich selbst dachte. Und an das, was man braucht, um glücklich zu sein und sich vollständig zu fühlen. Die Geborgenheit, den Rückhalt und das Verständnis seines Partners an seiner Seite. Manchmal hat man so viel um die Ohren und vergisst dabei, was man aneinander schätzt. Dabei sollte man sich genau das immer wieder vor Augen führen. So schwer es im Alltag manchmal ist.

Kleine Auszeiten nur als Paar sind dabei so wichtig und tun so gut. Nicht immer sind sie so leicht einzurichten. Etwa, weil die Großeltern zu weit weg wohnen, um spontan auf die Kinder aufpassen zu können, diese noch zu klein oder anhänglich sind, um sie mal für ein oder zwei Nächte alleine zu lassen oder man noch keinen passenden Babysitter gefunden hat.

Zwei Jahre haben Yannick und ich nun gewartet, um unser erstes Wochenende nur zu Zweit zu verbringen, seit Taavi bei uns ist. Drei Tage und drei Nächte ganz ohne unsere Kinder. Nur wir Beide. Oma und Tante sei Dank, die sich der Herausforderung stellten, unsere zwei Rabauken gleich beim ersten Mal für diese Dauer zu hüten. Ob ich Bedenken hatte? Nein, denn ich wusste, dass das klappen wird. Vertraute darauf, dass sich unsere Jungs wohl fühlen werden, während Mama und Papa mal nur an sich denken dürfen.

Und so gerne ich auch meine ganze Familie um mich herum habe, mit ihnen Dinge erlebe, Erinnerungen schaffe, so gut tat es auch, meinen Partner nach gefühlt so langer Zeit wieder mal nur für mich zu haben. Nur Augen für einander. Sich voll und ganz auf die Person neben sich konzentrieren, ohne dass die ganze Zeit ein anderes kleines Menschlein, oder mehrere, die Aufmerksamkeit suchen und brauchen. Was habe ich mich auf dieses Wochenende gefreut. Auch wenn es ein seltsames Gefühl war, die Jungs zurück zu lassen, so ganz ohne sie zu verreisen, nur Yannick und ich. Aber die Aufregung war groß und die Spannung ganz besonders.

Und oh, was habe ich es genossen, unsere exklusive Zeit zu Zweit an diesem Wochenende in London. Die langen Gespräche über Gott und die Welt, ohne Unterbrechungen, ohne Ablenkung. Ohne ein „Mama! Papa!“, das laut kreischend dazwischen dringt. Hand in Hand durch die Stadt, keine Hektik, kein Stress. Bummeln, Spazieren, Trödeln. In Ruhe Essen gehen, sich Zeit lassen, genießen. Sich in die Augen schauen. Bauchkribbeln und wissen, warum es genau der und kein anderer ist. Dankbar, losgelöst und glücklich. Man betrachtet sich wieder mit ganz anderen Augen, kann sich genau diese Aufmerksamkeit schenken, die im Alltag eben doch oftmals untergeht. Und egal, wie schnell eine solche Auszeit auch wieder vorüber sein mag, gibt sie einem so viel und man kann lange davon zehren. Gestärkt als Paar startet man umso motivierter wieder durch als Eltern. Und davon profitiert die ganze Familie.

Für nicht jeden ist es vielleicht möglich, gleich ein ganzes Wochenende oder mehrere Tage ohne Kinder und nur als Paar zu verbringen, dennoch kann man sich auch im Alltag immer wieder durch kleine Aufmerksamkeiten zeigen, wie wichtig man sich ist und dadurch die Beziehung aufrecht erhalten und beleben. Es bedeutet sicher auch immer mal wieder etwas mehr Arbeit, aber die ist es so wert.

Eltern sein, Paar bleiben – auch im trubeligen Alltag mit Kindern
  • Gemeinsame Erinnerungen an „damals“ aufleben lassen. Mit „euren“ Lieder, die ihr zusammen gehört habt, zu denen ihr früher in der Disco getanzt und laut gesungen habt. Mit alten Lieblingsfilmen, die man zusammen geschaut hat. Sich bewusst machen, was einen damals verbunden hat und immer noch verbindet. Für uns war das London, „unsere“ Stadt, die wir damals, vor mehr als acht Jahren das erste Mal gemeinsam besucht haben und in die wir nun zurück gekehrt sind. Dieses vertraute Gefühl, diese Stadt und ihr Zauber, Erinnerungen an unseren ersten Besuch dort und diese Prise Nostalgie schwangen die ganze Zeit mit. Zwar waren wir nun älter, erwachsener und mittlerweile Eltern. Aber auch irgendwie automatisch wieder genauso ausgelassen, verliebt und beflügelt, wie damals 2009.
  • Herum albern, sich nicht so ernst nehmen, im alltäglichen Wahnsinn immer miteinander lachen. Yannick nimmt mich gerne auf den Arm, nicht immer kann ich mit seinem trockenen Humor und Sarkasmus umgehen, vor allem, wenn ich mal wieder gestresst und genervt bin und lasse ihn das dann auch spüren. Aber oftmals vergessen wir auch, wie alt wir eigentlich sind und machen hemmungslos Faxen. So sehr, dass unsere Jungs vermutlich denken, dass wir nun völlig übergeschnappt sind. Aber es tut so gut, gemeinsam zu lachen. Wir sollten es viel öfter tun, denn es ist ein super Beziehungskleber.
  • Sich für den anderen interessieren, ernst gemeinte Fragen stellen, sich nach dem Wohl erkunden. Wie war dein Tag? Was beschäftigt dich? Nicht immer findet man Zeit für lange Gespräche, aber ein paar Minuten für diese Fragen und die Antworten dazu müssen sein. Und wenn wirklich etwas im Argen liegt, dann sollte man gemeinsam nach einer Lösung suchen, sich unterstützen und zusammen halten.
  • Denn das wichtigste ist es sowieso zu reden, über Ängste, Sorgen, Kummer und nichts in sich hinein zu fressen oder aufstauen zu lassen, was einen beschäftigt.
  • Fünfe auch mal gerade sein lassen und sich nicht über Kleinigkeiten aufregen. Und wenn er es nie lernen wird, seine Socken nicht im Wohnzimmer herum liegen zu lassen oder sie mal wieder all ihre Klamotten im Schlafzimmer verteilt, weil sie ausmisten wollte und dann nicht mehr geschafft hat aufzuräumen – man sollte auch die Macken und Marotten seines Partners akzeptieren. Es gibt so viel schlimmeres und Kleinigkeiten sind es einfach nicht wert, so viel Ärger und Wut hinein zu stecken.
  • Aufmerksam sein und für Überraschungen sorgen, Kleinigkeiten, die dem anderen zeigen: Du bist mir wichtig. Ich denke an dich. Sei es, dass man dem anderen sein Lieblingseis mit nach Hause bringt oder die liebste Zeitschrift. Es müssen nicht immer teure Geschenke sein. Gesten sind sowieso viel schöner.
  • Umarmungen, Küsse, zufällige Berührungen – sind so wichtig, denn sie schaffen Nähe und Vertrautheit und zeigen nicht nur dem Partner, was er einem bedeutet, sondern vermitteln auch den Kindern ein Bild davon, wie wichtig es ist, liebevoll miteinander umzugehen und sich das zu zeigen.
  • Nicht aufwiegen, was der jeweils andere tut und leistet, denn jeder gibt sein Bestes und will wohl nur das Wohl aller. Ob man nun den ganzen Tag von morgens bis abends im Büro arbeitet oder zu Hause neben der Erziehung der Kinder den Haushalt wuppt. Vergleiche in der Partnerschaft und Vorwürfe („Was hast du eigentlich den ganzen Tag gemacht?“, „Meine Aufgaben sind ja wohl viel anstrengender, als deine.“) sind Gift.
  • Gemeinsam Pläne schmieden, sich darauf freuen. Ob im Kleinen oder Großen. Der nächste Abend zu Zweit oder die nächste Reise als Familie. Die Vorfreude sorgt für Spannung, macht gute Laune und verbindet.

Was tut ihr dafür, eure Beziehung zu pflegen und neben dem Eltern sein auch noch Paar zu bleiben?

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