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Life with kids: Vom Kindergarten zum Schulkind // Warum Bewegung immer und überall so wichtig ist – ein Leben lang

3. Dezember 2018
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Vor ein paar Tagen habe ich euch in diesem Beitrag davon erzählt, warum wir uns bei der Entscheidung, auf welche Schule Mika-Flynn im nächsten Jahr gehen soll, noch etwas unsicher sind und uns für alternative Möglichkeiten interessieren. Ich habe euch meine Zweifel und Bedenken erklärt und euch gefragt, nach welchen Kriterien ihr die Wahl der richtigen Schule für eure Kinder getroffen habt. Ein Aspekt von vielen genannten Punkten, die mir bei der Suche nach der richtigen (Grund-)Schule wichtig sind, ist, neben der besonderen Förderung der individuellen Persönlichkeit eines jeden Kindes, dass eine Schule Wert auf Bewegung und besondere (Freizeit-)Angebote legt. Gerade im Hinblick auf den Sportunterricht habe ich persönlich in meiner Schulzeit leider nicht die besten Erfahrungen gemacht und auch aus dem Austausch mit damaligen Mitschülerinnen ging oft hervor, dass der „typische“ Sportunterricht damals eher so aussah, dass die Jungs Ballspiele spielten und die Mädchen, die oftmals als letztes in die Mannschaft gewählt wurden, mal wieder auf der Bank saßen und sich vor dem Mitmachen drückten, weil sie Angst davor hatten, zu versagen.

Ob das heute immer noch so ist, weiß ich nicht (sicher hat sich in den letzten 15-20 Jahren auch einiges getan), aber eines ist für mich sicher: Sport und Bewegung sollten in erster Linie Spaß machen und es sollte im Sportunterricht nicht darum gehen, die körperliche Leistung zu bewerten, weil ich der Meinung bin, dass einem das auch stark die Freude an der Bewegung nehmen kann. Nicht jeder ist ein Spitzenathlet, nicht jeder ein Ballsportler. Die einen laufen lieber, die anderen sind talentierter im Turnen. Ich persönlich fand den Sportunterricht früher furchtbar und er hat mir leider auch gar keinen Spaß gemacht. Hier muss ich aber dazu sagen, dass das natürlich auch immer stark vom Lehrer abhängt. Ich hatte leider immer Pech. Es lag nicht daran, dass ich mich nicht gerne bewege, sondern daran, dass mir oftmals das Gefühl gegeben wurde, nicht gut genug zu sein, wenn ich nicht so weit springen und Bälle werfen oder fangen konnte, wie die anderen. Ich kenne ein paar Personen, denen es genauso ging, die mit sportunterichtsähnlicher Bewegung automatisch negative Gefühle assoziieren. Bis ich nach meiner Schulzeit den Sport entdeckt habe, der mir Spaß macht und Freude bereitet und bei dem ich nicht das Gefühl habe, nicht gut genug dafür zu sein, hat es lange gedauert und ich hätte mir sehr gewünscht, schon eher dafür motiviert worden zu sein.

Bewegung ist eine Grundlage für das gesamte Leben und Lernen

Dabei sind z.B., um auf die in meinem letzten Beitrag erwähnte Waldorfpädagogik zurückzukommen, Bewegungsübungen eine Grundlage für das Lernen. Auf der einen Seite wird hier die Motorik selbst zu einem Wahrnehmungsinstrument des Erlebens der Welt und auf der anderen Seite führt die Eigenbewegung zur einzigartigen Individualisierung des Menschen. Rudolf Steiner wies unter anderem bereits darauf hin, dass der Mensch ein Leben lang mit Krankheitsneigungen ringt (z.B. Verhärtung, Verkrampfung, Blockaden) und dass er ein Leben lang daran arbeiten muss, gesünder, menschlicher und vollkommener zu werden. Bewegung, um gesund zu bleiben und mit sich selbst im Reinen zu sein. Und es muss in der Kindheit die Freude dafür entwickelt werden, da das Ausmaß von Bewegungsmangel und Bewegungsverzögerung gerade in den ersten Jahren für die frühkindliche Entwicklung und besonders für das Lernen, desaströse Folgen haben kann. Natürlich liegt es gerade bei jüngeren Kindern vor allem in der Verantwortung der Eltern, dass diese die Bewegung fördern und ihnen die Wichtigkeit daran vermitteln. Aber wie sieht es aus, wenn sie erst einmal die Schulbank drücken und teilweise erst nachmittags nach Hause kommen. Dann noch ihren Verpflichtungen, wie Hausaufgaben und Co. nachkommen müssen, bevor sie ihren Hobbies nachgehen können?

Warum es oft an Möglichkeiten für ausreichende Bewegung fehlt

Laut der aktuellen AOK-Familienstudie 2018**, bei der insgesamt 4.896 Eltern mit Kindern im Alter von vier bis 14 Jahren über ihr Bewegungsverhalten befragt wurden, sind die meisten Eltern in Deutschland mit ihrem Leben zufrieden, fühlen sich gesund und bewerten die Gesundheit der eigenen Kinder ebenfalls als gut. Man könnte meinen, sie bewegen sich und halten sich fit. Dem entgegen steht jedoch, dass viele Kinder bereits übergewichtig sind. Ein zu erkennender Zusammenhang: Kinder mit übergewichtigen Eltern sind doppelt so oft selbst übergewichtig im Vergleich zu Kindern, deren Eltern Normalgewicht haben. Und alarmierend: Mehr als die Hälfte der befragten Eltern sind tatsächlich übergewichtig.

Auch fehlt es laut Studie an Möglichkeiten. Dass Kinder Bewegung brauchen, sei den meisten klar. Meistens mangelt es aber augenscheinlich an Zeit und Motivation für körperliche Aktivität, was sich auch unmittelbar auf die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden der Kinder auswirkt. Was ich persönlich erschreckend finde: In Familien, die sich viel bewegen und deren Einstellung dazu positiv ist, haben die Kinder bessere Laune und weniger häufig Einschlafprobleme als in Familien, die sich wenig bewegen. Aber immer spielt eben auch die Zeit eine große Rolle. Und natürlich die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, um für Bewegung zu sorgen. Nicht in jedem Umfeld herrschen die gleichen Bedingungen dafür. Das ist sicher den meisten bewusst. Umso wichtiger ist es nach wie vor, dies zu ändern und allen den selben Zugang zu Bewegung und passenden Angeboten zu verschaffen.

Ganz klar ist auch: Wenn Eltern sich zu wenig bewegen, wirkt sich das auch auf die Kinder aus, da ihnen eine wichtige Vorbildfunktion fehlt. Woher sollen sie es auch lernen, wenn nicht aus dem direkten Umfeld? Deswegen sollten wir als Eltern mit gutem Beispiel voran gehen. Denn wie wichtig Bewegung von Anfang an ist, macht nicht nur die Familienstudie klar. Es sollte eigentlich jedem bewusst sein. Aber hier muss noch viel passieren und vor allem ein Umdenken in vielen Köpfen stattfinden, damit die Möglichkeiten größer und besser werden.

Was es zu verändern gilt

Was kann man selbst tun? Wie können wir als Eltern und auch Erziehungspersonen Kinder für Bewegung und Sport begeistern? Wie lässt sich Bewegung spielerisch und mit Freude in den (Schul-)Alltag integrieren? Das klappt zu Hause natürlich am besten, wenn die Eltern selbst als gutes Vorbild voran gehen und die Familie viel gemeinsam unternimmt. Ab auf den Sportplatz zum Kicken, raus in die Natur zum Wandern oder ins Schwimmbad zum Plantschen – alles spielerische Möglichkeiten, die allen Beteiligten Spaß machen, Freude an der Bewegung vermitteln und in fast jeder Lebenssituation umzusetzen sind.

Aber nicht nur in der Freizeit und zu Hause sollte diese Form von Bewegung selbstverständlich sein. Ich bin ebenso der Meinung, dass auch Schulen einen großen Teil dazu beitragen können, indem sie das schulische Angebot vielleicht sogar erweitern und die Kinder zur Bewegung motivieren. Hier sollten meiner Meinung nach viel mehr Möglichkeiten, gerade auch im Bereich der Ganztagsschulen, geschaffen werden. Ich sehe z.B. Sport-AGs und Bewegungsangebote, die im gewohnten Schulumfeld für Abwechslung und Spaß sorgen sollten. Kurse, die Schüler zusammen mit ihren Freunden besuchen und wofür sie auf keine äußeren Umstände angewiesen sind. Möglichkeiten für alle Kinder, egal wo und wie sie leben oder aufwachsen.

Was ich mir im Hinblick auf die Schulzeit für meine Kinder wünsche

Denn auch wenn ich persönlich versuche, meinen Kindern in ihrer Freizeit eine bunte Vielfalt an Bewegung zu ermöglichen – meine Jungs gehen mehrmals die Woche zum Kinderturnen und Schwimmen und wir sind so oft an der frischen Luft, wie nur möglich, fahren Rad, gehen gemeinsam laufen – weiß ich, dass es nicht in allen Familien so ist. Umso mehr wünsche ich mir, dass Kinder auch in der Schule lernen, wie wichtig Bewegung für das gesamte Leben ist und dass sie einfach dazu gehört, um sich rundum wohl und bei sich selbst zu fühlen. Denn bleibt der Körper in Bewegung, freut sich auch der Geist. Ein Leben lang.

Als Eltern sollte man sich natürlich auch nicht scheuen, die Initiative zu ergreifen und direkt mit der Schule und den Lehrern vor Ort zu sprechen, wenn man Verbesserungsvorschläge und Ideen hat oder findet, dass mehr angeboten werden sollte. Finden sich genug, die der gleichen Meinung sind, lässt sich sicher viel bewegen. Laut Familienstudie fällt der Sportunterricht an vielen Schulen aufgrund von Lehrermangel öfter aus. Gibt es hier Möglichkeiten, das Problem zu lösen? Etwa durch freiwillige Helfer oder Ehrenamtliche, die einspringen, wenn Not am Lehrer ist? Hilfe und Unterstützung in Form von Ideen und Anregungen, was man optimieren oder verbessern könnte, werden sicher von den wenigsten abgelehnt. Also sollten sich alle Betroffenen ein Herz fassen und Beteiligte ansprechen, falls sie etwas stört.

Alles im Einklang und jeden Bereich abgedeckt, der für die Entwicklung und Förderung der Individualität und sowohl physischen, als auch psychischen Gesundheit wichtig ist, wünsche ich mir für meine (und alle anderen Kinder) eine Schulzeit, an die sie sich gerne zurück erinnern. Eine Schulzeit, die sie fördert und bewegt und weder hemmt, noch unter Druck setzt. Egal, welche Schulform sie besuchen. In nicht einmal mehr einem Jahr heißt es dann auch bei uns hoffentlich nicht: Der Ernst des Lebens beginnt. Sondern: Ab in die Schule mit viel Freude, Wissensdurst und Energie. Und ganz viel Spaß an der Bewegung. 🙂 Ich werde euch über unseren Weg natürlich auf dem Laufenden halten.

Was wünscht ihr euch im Hinblick auf die Bewegungsangebote in eurem Umfeld und/oder an den Schulen eurer Kinder? Welche Rolle spielt Bewegung generell in eurem Leben und in dem eurer Kids?

*In freundlicher Zusammenarbeit mit der AOK Hessen.

**Bereits zum vierten Mal seit 2007 hat die AOK in diesem Jahr 4.896 Familien befragt, darunter Eltern mit Kindern zwischen vier und 14 Jahren und Einkommen zwischen weniger als 2.000 Euro bis mehr als 4.000 Euro pro Monat sowie Eltern verschiedener Bildungsniveaus. Somit bildet die Familienstudie den Großteil der in Deutschland lebenden Familien repräsentativ ab. Alle Ergebnisse der Familienstudie 2018 sowie passende Grafiken gibt es zum Download in der Zusammenfassung und in der ausführlichen Version.

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